Wie funktioniert eigentlich… ein manuelles Schaltgetriebe? Fünf Fragen – Fünf Antworten

Immer noch werden jedes Jahr Millionen von manuellen Schaltgetrieben produziert. Wie funktioniert diese Technologie genau und wer hat sie erfunden?

by Oliver Hagenlocher

Zugegeben, die Zukunft des manuellen Schaltgetriebes ist angesichts des Erfolgs der E-Mobilität und vieler Automatik-Modelle ungewiss. Allerdings werden aktuell immer noch Millionen von Autos mit dieser Lösung bestückt. Was zeichnet die Technologie im Detail aus?

1. Wie funktioniert das Grundprinzip?

Mit der Kupplung den Kraftfluss des Antriebs unterbrechen, anschließend den Gang wechseln und die Kupplung loslassen – diesen Vorgang führen wir im Auto fast unbewusst aus. Er ist unverzichtbar, weil die engen Drehzahlbereiche von Verbrennungsmotoren nicht für einen normalen Fahrbetrieb ausreichen. Sprich: Ohne Schaltgetriebe könnte der Motor selbst bei höchster Drehzahl nur mittlere Fahrgeschwindigkeiten erreichen. Das Getriebe übersetzt Motor-Drehzahl und -Drehmoment also „ins Langsame“ bei niedrigen Geschwindigkeiten und „ins Schnelle“ bei höheren Geschwindigkeiten.

Dafür gibt es in den meisten Pkws ein sogenanntes Schaltmuffengetriebe. Hier wird die Kraft des Motors über ein Zahnrad zunächst konstant an eine Vorgelegewelle übertragen, die wiederum die Energie an die Ausgangswelle weitergibt. Entscheidend dabei: Alle Zahnräder von Vorgelegewelle und Ausgangswelle sind immer (!) miteinander verbunden. Allerdings ist wiederum bei der Ausgangswelle nur ein Zahnrad fest mit der Welle verbunden; die anderen drehen sich quasi frei auf der Welle mit. Um das zu ermöglichen, gibt es die namensgebenden Schaltmuffen, die man über den Schalthebel betätigt. Mit ihrer Hilfe lässt sich also bestimmen, welches der Zahnräder den Kraftschluss herstellt. Dazu verfügen die Muffen über eine Innenverzahnung, die sich über außenverzahnte Muffen an der Welle schieben lassen. Sobald die Muffe ihre Position eingenommen hat, kann der Fahrer die Kupplung loslassen.

Animation Schaltmuffengetriebe

Einfaches Schaltgetriebe (Schaltmuffengetriebe) in der Animation.

Quelle: Jahobr, CC0, via Wikimedia Commons; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gearbox_4gears.gif

 

2. Warum überhaupt ein Schaltmuffengetriebe?

Grundsätzlich kann man auch unterschiedliche Übersetzungen herstellen, indem die Zahnräder auf der Ausgangswelle richtiggehend verschoben werden. Man spricht in diesem Fall von einem Schieberadgetriebe. Allerdings haben diese einen systembedingten Nachteil: Es ist grundsätzlich ziemlich schwierig, von einem Zahnrad auf ein anderes zu gleiten. Die Schieberad-Mechanik kommt bei den heutigen Pkws deshalb nur noch zum Einsatz, wenn man den Rückwärtsgang einlegt – unter höherer Kraftanstrengung wegen der besonderen Mechanik. Im Übrigen nutzen viele Rennwagen Schieberadgetriebe, weil sie sehr belastbar sind und größere maximale Drehmomente übertragen können.

Blick auf Schaltgetriebe

Blick auf ein manuelles Schaltgetriebe inklusive der verschiedenen Getriebewellen.

 

3. Wer hat’s erfunden?

Das erste Schaltgetriebe kommt bereits 1887 in der Erfindung von Karl Benz zum Einsatz. Allerdings basiert es auf einem Lederriemen, den man per Schalthebel auf verschiedene Riemenscheiben schieben kann und so die Übersetzung wechselt. Sehr viel dichter dran an unserer Vorstellung eines Getriebes ist die Erfindung von Louis Renault, der um die Jahrhundertwende in der Nähe von Paris das erste Dreigang-Getriebe entwickelt. Er verzichtet gänzlich auf die Kraftübertragung per Ketten (wie damals üblich), sondern setzt stattdessen auf starre Wellen mit Zahnrädern. Die Erfindung wird sehr schnell von anderen kopiert und setzt sich als Standard durch.

Historisches Schieberadgetriebe

Darstellung eines historischen Pkw-Schieberadgetriebes aus den 1930er-Jahren.

Quelle: Andy Dingley (scanner), Public domain, via Wikimedia Commons; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/04/Gearbox_%28Autocar_Handbook%2C_13th_ed%2C_1935%29.jpg

4. Was bringt die Zukunft?

Für viele Experten sind die Tage des Handschaltgetriebes gezählt. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Hinweisen. Einerseits bringen große Hersteller die nächste Generation ihrer Modelle zum Teil nur noch mit Automatikgetrieben auf den Markt. Andererseits spricht die Zulassungsstatistik eine deutliche Sprache: So betrugt der Anteil von Fahrzeugen mit Handschaltgetriebe bei den Neuzulassungen in Deutschland im Jahr 2000 noch rund 80 Prozent. Heute sind es nur noch 40 Prozent. Dabei spielt die Stärke der Motorisierung eine Rolle: Je mehr PS, desto eher kommt ein Automatikgetriebe zum Einsatz. Zudem ist der Trend zur Elektromobilität ein Einschnitt: Die meisten E-Autos haben nur noch ein Ein-Gang-Getriebe, das die Motordrehzahl reduziert. Einen Schaltvorgang während der Fahrt gibt es nicht mehr.

 

5. Was für Vor- und Nachteile gibt es?

Manuelle Schaltgetriebe sind kompakter und leichter als Automatikgetriebe – und nicht zuletzt auch günstiger. Ein Preisunterschied von wenigstens rund 2.000 Euro zwischen beiden Varianten ist die Regel. Die Nachteile liegen auf der Hand: Das manuelle Schalten ist unkomfortabler, es tritt eine größere Zugkraftunterbrechung während des Schaltens ein und ein „Verschalten“ ist wohl jedem von uns schon einmal passiert…

Wie werden Zahnräder für Getriebe auf EMAG Maschinen hochproduktiv gefertigt? Erfahren Sie hier mehr. 

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