Wie funktioniert eigentlich… ein Planetengetriebe? Fünf Fragen – Fünf Antworten

Ohne Planetengetriebe ist das Automatikgetriebe des Autos kaum vorstellbar. Aber wie genau funktioniert das?

by Oliver Hagenlocher

Seit über 200 Jahren gibt es Planetengetriebe – das erste kam in einer Dampfmaschine Anfang des 19. Jahrhunderts zum Einsatz. Nach wie vor ist die Technologie etwa im Auto unverzichtbar. Was zeichnet das Ganze im Detail aus und welche Unterschiede gibt es in der Konstruktion? 

1. Wie funktioniert das Grundprinzip?

Es kommt nur selten vor, dass eine komplexe Technologie einen so schönen und passenden Namen hat, denn das Planetengetriebe gleicht dem Aufbau unseres Sonnensystems: Mehrere Planetenräder (verbunden per Trägerplatte) umgeben ein zentrales Sonnenrad. Zudem gibt es ein Hohlrad, das diese Konstruktion gewissermaßen umfasst. Auf diese Weise lassen sich Lasten auf mehrere Räder verteilen und trotz eines kompakten Aufbaus hohe Drehmomente übertragen – so das Grundprinzip, denn tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Bewegungs- und Konstruktions-Varianten.

Dabei unterscheiden Experten zumeist zwischen dem sogenannten Zweiwellen- und Dreiwellenbetrieb. Im ersten Fall steht eine der drei Wellen still, während die anderen beiden für den An- und Abtrieb zuständig sind. Wenn sich also der Planetenradträger (inklusive der Planetenräder) nicht bewegt, wird beispielsweise die Bewegung der inneren (kleineren) Sonne auf die Bewegung des äußeren (größeren) Hohlrads übertragen – eine Übersetzung ins Langsame. Umgedreht steigt das Tempo hingegen an.

Animation Planetengetriebe

Mit dem Sonnenrad und den Planetenrädern sind hier zwei Achsen in Bewegung.

Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Epicyclic_Gearing_Stationary_Ring.gif | Jahobr, CC0, via Wikimedia Commons

Beim Dreiwellenbetrieb bewegen sich folglich alle Wellen: Dabei sorgen zwei Wellen beispielsweise für den Antrieb, eines für den Abtrieb. Experten sprechen in diesem Fall deshalb auch von einem „Summiergetriebe“, weil Kräfte von verschiedenen Wellen quasi zusammengeführt werden. Im umgekehrten Fall entsteht hingegen ein „Verteilergetriebe“.

2. Wie sieht die Lösung im Pkw aus?

Bei vielen Pkw-Automatikgetrieben werden mehrere Planetengetriebe hintereinander angeordnet, wobei man mithilfe von Kupplungen beeinflussen kann, welche Welle jeweils starr ist und welche Wellen als An- und Abtrieb fungieren. Per Schaltung lassen sich auf dieser Basis alle gewünschten Gänge des Autos „erzeugen“. Häufig kommt auch der sogenannte Ravigneaux-Satz zum Einsatz, der über ein weiteres Sonnenrad als vierte Welle sowie einen zusätzlichen Satz Planetenräder verfügt. Dieser Grundkonstruktion sind insgesamt mehr Gänge zu entlocken – was im Umkehrschluss heißt: Man benötigt nicht so viele Sätze pro Automatikgetriebe.

Animation Planetengetriebe

Beispielhafte Animation eines Planetengetriebes.

Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Planetary_Gear_Animation.gif Laserlicht, CC0, via Wikimedia Commons

3. Wer hat’s erfunden?

Allgemein gilt William Murdoch als Vater des (einfachen) Planetengetriebes. Als Mitarbeiter von James Watt arbeitet er um das Jahr 1800 daran, die Bewegung einer Dampfmaschine in eine kontrollierte Bewegung zu übertragen. Dabei entsteht das erste Planetengetriebe, das übrigens einen Schmiedehammer antreibt.

Eine wichtige Rolle in der Geschichte dieser Technologie spielt zudem Walter Gordon Wilson – einer der Firmenchefs der britischen Automarke Wilson-Pilcher. 1928 ist er beteiligt an der Erfindung des Wilson-Getriebes, das über drei separate Planetengetriebe verfügt und somit ein Vorläufer der heute oft verwendeten Bauform darstellt. Es wird von 1932 bis 1952 eingesetzt – unter anderem in zwei Bugatti-Modellen.

4. Gibt es Vor- und Nachteile?

Insgesamt weisen Planetengetriebe eine sehr kompakte Bauweise auf; dabei nutzt die Konstruktion das jeweilige Drehmoment sehr effektiv. Im Übrigen lassen sich die verschiedenen Gänge ansteuern, ohne den Getriebelauf bzw. den Kraftfluss zu unterbrechen. Ein allgemeiner Nachteil zeigt sich bei der Produktion: Die Bauform ist recht aufwendig, was für höhere Kosten sorgt. Gleiches gilt für eine etwaige Reparatur, weil zumeist mehrere Zahnräder ausgewechselt werden.

5. Was bedeutet das alles für die Produktion?

Bauteile Planetengetriebe

Die Bauteile des Planetengetriebes (Planetenradträger, Sonnenrad, Planetenrad) lassen sich mit EMAG Maschinen bearbeiten.

Die Technologie kommt in einer Vielzahl von modernen Automatikgetrieben zum Einsatz, was letztlich gleichbedeutend ist mit einer großen Stückzahl bei den benötigten Zahnrädern – niedrige Stückkosten und eine hohe Verzahnungsqualität immer vorausgesetzt. Für effektive Prozesse lässt sich seine Bearbeitung etwa in einer Linienlösung mit zwei VL 1 Twin von EMAG realisieren. Der Gesamtprozess vollzieht sich mit einer Taktzeit von rund 20 Sekunden für zwei Bauteile. Dabei beträgt die durchschnittliche Span-zu-Span-Zeit nur knapp 5 Sekunden.

Mehr zu unseren Fertigungslösungen für Planetengetriebe finden Sie hier. 

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