Eigentlich hat der Werkzeugrevolver im Inneren einer Werkzeugmaschine rein optisch kaum Ähnlichkeiten mit der Trommel einer Schusswaffe. Woher kommt also dieser Name? Das klären wir im nachfolgenden „Wie funktioniert“-Beitrag auf. Gleiches gilt für die Fragen, wie das Ganze im Detail funktioniert und wer es erfunden hat. Letzteres hat übrigens eine ganze Menge mit der Geschichte von EMAG zu tun.
1. Was zeichnet den Werkzeugrevolver im Detail aus?
Grundsätzlich ist diese Technologie ebenso einfach erklärt wie wirkungsvoll: Die Konstruktion gleicht zumeist einer größeren Scheibe, an dessen Rand sich Werkzeughalter befinden. Experten sprechen deshalb auch von einem Scheibenrevolver. Wenn Anwender in ihrem Produktionszentrum ein anderes Werkzeugverfahren einsetzen wollen – also zum Beispiel vom Drehen zum Bohren überwechseln –, dreht sich dieses Rad um eine bestimmte Anzahl von Positionen weiter zum betreffenden Werkzeug. Ganz entscheidend ist dabei, dass der Revolver sowohl angetriebene als auch nicht angetriebene Werkzeuge aufnehmen kann. Das eröffnet alle Möglichkeiten und man kann zum Beispiel Drehen und Fräsen kombinieren. Mit Blick auf die Details wird es dann aber freilich noch etwas komplizierter. So kann man Werkzeugrevolver auch mit einer Y-Achse ausstatten, sodass sich die gesamte Konstruktion in Richtung des Werkstücks bewegt, was etwa bei der Bearbeitung von besonders komplexen Geometrien wichtig ist. Im Übrigen gibt es unter anderem auch sogenannte Kopfrevolver (eine eckige Konstruktion etwa für die Aufnahme von Bohrstangen) und Kronenrevolver (ähnelt dem Scheibenrevolver mit nach innen angewinkelten Werkzeughaltern).
2. Wer hat‘s erfunden?
Wie bei vielen Erfindungen für die industrielle Produktion gilt auch beim Werkzeugrevolver: Es ist schwierig, seinen Ursprung auf eine einzelne Person zurückzuführen. Die Entwicklung erfolgte schrittweise. So hatte bereits im 19. Jahrhundert eine ganze Reihe von Unternehmen sogenannte Revolverbänke in ihrem Produktportfolio. Hier beinhaltet der Werkzeugschlitten eine Vorrichtung, mit deren Hilfe man verschiedene Werkzeuge quasi „zuschaltet“ – wobei das Ganze der Trommel eines Revolvers stark ähnelt: ein rundlicher Block mit Bohrungen an einer Seite. Hier liegt also der Ursprung des Namens.
3. Was hat diese Geschichte mit EMAG zu tun?
Es gibt eine direkte Linie von einer der ersten Revolverkopf-Drehmaschinen zu EMAG. Dazu müssen wir etwas ausholen: Im Jahr 1890 konstruierte der Erfinder und Industrielle Julius Wilhelm von Pittler ein neues Modell, das immerhin 18 Werkzeuge aufnehmen konnte und häufig bei der Produktion von Fahrradnaben zum Einsatz kam – nur eine von mehreren Innovationen, die seiner „Leipziger Werkzeugmaschinenfabrik AG vorm. W. v. Pittler“ zu wachsenden Erfolgen verhalf. Er schied bereits 1902 wieder aus dem Unternehmen aus, was dem Erfolg aber keinen Abbruch tat – im Gegenteil: Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 war „Pittler“ der größte kontinentaleuropäische Hersteller von Revolverdrehbänken. Nach der Umwandlung in den staatlichen „Volkseigenen Betrieb Drehmaschinenwerk Leipzig“ und einer Re-Privatisierung zur „Pittler-Tornos Werkzeugmaschinen GmbH Leipzig“ nach dem Ende der DDR kam es 1999 zur Insolvenz – und der anschließenden Übernahme durch EMAG.
Foto-Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4b/Pittler_Revolvermaschinen_1900.jpg | Public domain, via Wikimedia Commons
4. Wohin entwickelt sich das Ganze?
Insgesamt muss man betonen, dass Werkzeugrevolver bei der Entwicklung von modernen Produktionszentren nach wie vor eine zentrale Rolle einnehmen. Der Grund dafür ist einfach erklärt: Je mehr Verfahren man (möglichst schnell hintereinander) an einem komplexen Bauteil zum Einsatz bringen kann, desto kürzer gestaltet sich der Produktionsprozess – und kurze Taktzeiten sind zumeist gleichbedeutend mit sinkenden Stückkosten. Allerdings führt das Ganze auch zu einer Reihe von technologischen Herausforderungen. So sind viele Werkzeugrevolver mit einem Torquemotor (Direktantrieb) ausgestattet – für eine schnelle und verschleißfreie Schwenkbewegung. Außerdem integrieren viele Maschinenbauer das System in das Maschinenbett, was zu kurzen Hebelarmen sowie einer Wiederholgenauigkeit führt. Ebenso interessant: Mittlerweile kommen manchmal Roboterlösungen zum Wechsel der Werkzeuge im Revolver zum Einsatz.
5. Gibt es Nachteile?
Zunächst gibt es die Einschränkung, dass die verwendeten Werkzeuge nur eine bestimmte Länge haben können – schließlich hat jede Maschine einen maximalen Revolverschwingkreis-Durchmesser. Alle Werkzeug-Auskragungen müssen sich innerhalb dieses Radius befinden, sonst käme es zu Kollisionen beim Wechselvorgang. Hinzu kommt, dass Anwender vor allem bei angetriebenen Werkzeugen auf möglichst kurze Längen achten sollten, weil das die Stabilität des Systems erhöht. Allgemein gibt es bei Revolvern einen größeren Programmier- und Einstellaufwand, was sich angesichts der größeren Mengen von Werkzeugen aber von selbst erklärt.
6. Welche Vorteile bietet der EMAG Revolver?
Der EMAG Revolver ist mit einem Direktantrieb für die Schwenkbewegung ausgestattet und ermöglicht eine schnelle Revolverschwenkzeit von 0,3 Sekunden. Die thermische Stabilität wird durch eine umgebungstemperaturgeführte Kühlung gewährleistet. Der Revolver bietet Platz für zwölf Werkzeuge, wahlweise VDI/BMT, und in allen Werkzeugstationen können angetriebene Werkzeuge eingesetzt werden.