Dass der E-Bike-Markt einen rasanten Aufschwung erfährt, ist offensichtlich: Manche Fahrradgeschäfte haben kaum noch genug Platz für alle neuen Modelle. Zudem sind die E-Bikes mit ihren Akkus im Straßenverkehr nicht zu übersehen. Wohin entwickelt sich die Technologie, welche Modelle dominieren den Markt und was bedeutet der Boom für den Straßenverkehr? – Fragen und Antworten zu einem spannenden Verkehrsthema:
Wie entwickelt sich der E-Bike-Markt?
Die Erfolgszahlen rund um das E-Bike sind zahlreich. So wurden laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) alleine in Deutschland im letzten Jahr 720.000 Einheiten verkauft – ein Zuwachs von 19 Prozent. Der Anteil der elektrischen Fahrräder am Gesamtfahrradmarkt beträgt somit bereits knapp 20 Prozent. Laut ZIV könnte dieser Wert mittelfristig sogar auf bis zu 35 Prozent anwachsen. Nach Angaben der Confederation of the European Bicycle Industry (CONEBI) ist Deutschland damit ein Vorreiter – im Jahr 2016 hatte der deutsche E-Bike-Markt einen Anteil von 36 Prozent am Gesamtumsatz in Europa. Zum Vergleich: Der deutsche Anteil am europäischen Gesamt-Fahrradmarkt beträgt nur 21 Prozent.
Warum sind so viele Verbraucher an E-Bikes interessiert?
Mit den Gründen des Erfolgs beschäftigt sich eine repräsentative Umfrage von Bosch unter 5.421 Verbrauchern aus sechs europäischen Ländern. Demnach sehen rund 50 Prozent der Teilnehmer das E-Bike vor allem als Fortbewegungsmittel in der Freizeit. Der Gesundheitsaspekt spielt für 38 Prozent eine Rolle. Besonders interessant: Die Studie verweist darauf, dass jeder zweite deutsche Pendler weniger als 10 Kilometer zum Arbeitsplatz zurücklegt. Gleichzeitig kann sich jeder dritte Befragte vorstellen, ein E-Bike zum Pendeln einzusetzen. Hier gibt es also ein sehr großes Marktpotential.
Welche E-Bikes werden im Moment bevorzugt gekauft?
Nach wie vor dominieren laut ZIV die „E-Bikes 25“ mit einer Maximalgeschwindigkeit von bis zu 25 Stundenkilometern und einer Nenndauerleistung von bis zu 250 Watt den Markt – 99 Prozent aller E-Bikes fallen in diese Kategorie, nur ein Prozent Anteil am Markt haben die schnelleren „E-Bikes 45“. Mit Blick auf die Modellgruppen gibt es längst schon ein breites Spektrum. Am stärksten nachgefragt werden E-City-Bikes, E-Trekking-Bikes und E-Mountainbikes.
Wie verändert sich die Technologie?
Interessanterweise nimmt die Zahl der „Big Player“ im Markt zu: Automobilzulieferer wie Bosch oder Continental mischen mit und entwickeln eigene Lösungen. Schließlich haben sie die technologische Kompetenz im Antriebsbereich – und das sieht man den dazugehörigen Neuheiten an. So kommt in Kürze das erste Automatikgetriebe für E-Bikes. Der Fahrer muss während der Fahrt nicht mehr Schalten. Ähnlich interessant ist das erste ABS für Fahrräder, das gefährliches Schleudern beim Bremsen verhindert.
Was bedeutet der E-Bike-Boom für die Verkehrsinfrastruktur?
In der Publikation „E-Rad macht mobil“ hat das Umweltbundesamt bereits im Jahr 2015 darauf hingewiesen, dass mit wachsender Zahl von E-Bikes neue Anforderungen auf die Infrastruktur zukommen. So erfordert die durchschnittlich höhere Fahrgeschwindigkeit breite Radwege, weite Kurvenradien und einen rutschfesten Belag. Grundsätzlich sind dies Kriterien, die ohnehin an Radwege gestellt werden. Allerdings besteht hier laut Umweltbundesamt „noch großer Handlungsbedarf“ in vielen Städten und Gemeinden. Interessant ist der Hinweis der Experten auf Abstellmöglichkeiten: Demnach mangelt es im Moment an sicheren Optionen inklusive Lademöglichkeit und ausreichendem Diebstahlschutz – immerhin übersteigt der Wert eines E-Bikes deutlich den eines Fahrrads.
Welche Ziele verfolgt die Politik?
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) stellt nach eigenen Angaben in diesem Jahr ca. 100 Mio. Euro für den Radwegebau zur Verfügung. Außerdem bekommen Länder und Kommunen für den Bau von Radschnellwegen 25 Mio. Euro. Insgesamt ist es ein Hauptziel des „Nationalen Radverkehrsplans 2020“, dass der Anteils des Radverkehrs an den zurückgelegten Wegen auf rund 15 Prozent ansteigt – dieser Wert lag im Jahr 2008 noch bei nur 10 Prozent. Übrigens nennt das BMVI unter anderem auch die „gestiegene gesellschaftliche Wertschätzung des Fahrrades“ als einen relevanten Erfolgsfaktor.