Wie funktioniert eigentlich… ein homokinetisches Gelenk? Fünf Fragen – Fünf Antworten

Homokinetische Gelenke sind im Fahrzeugbau unverzichtbar, denn sie übertragen die Drehbewegung völlig gleichförmig. Wie genau funktioniert das?

by Oliver Hagenlocher

 Homokinetische Gelenke sind gerade im Fahrzeugbau unverzichtbar. Ihre größte Stärke: Sie übertragen die Drehbewegung zwischen zwei Wellen völlig gleichförmig. Folglich gibt es auch kein „Ruckeln“ oder Ähnliches, was alle beteiligten Komponenten unnötig belasten würde. Wir haben an dieser Stelle einige interessante Infos zu dieser Erfindung zusammengetragen.

1. Was zeichnet die Konstruktion aus?

Auf den ersten Blick sieht das homokinetische Gelenk recht kompliziert aus – ein Geflecht aus Kugeln, Kugelführungen und einem Käfig. Auf den zweiten Blick offenbart sich aber eine geniale Konstruktion, die Drehbewegungen gleichmäßig von der Antriebs- auf die Abtriebswelle überträgt. Es gibt viele Bauformen, aber zumeist gilt folgende Konstruktion:

  • Auf einem Wellen-Ende sitzt eine becherförmige Einheit mit Nuten an der Innenseite.
  • Als Gegenstück des anderen Wellen-Ende dient ein balliges Kopfstück mit Außennuten.
  • Beide Teile sind über Kugeln in den Nuten miteinander verzahnt, was ein gleitendes Beugen der Wellen bei gleichzeitiger Kraftübertragung ermöglicht.

 

Kraftübertragung per homokinetischem Gelenk

Universell einsetzbar für eine gleichmäßige Kraftübertragung: das homokinetische Gelenk.

Quelle: Von MichaelFrey – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68021741 / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

2. Wer hat’s erfunden?

Es kommt nicht selten vor, dass man Drehbewegungen zwischen zwei Achsen übertragen muss, die in einem bestimmten Winkel zueinander stehen. Eine der frühesten Lösungen dafür ist die Erfindung des Kreuzgelenks von Gerolamo Cardano im 16. Jahrhundert. Es kommt in der nach ihm benannten Kardanwelle zum Einsatz – allerdings mit einem entscheidenden Nachteil: Bei größeren Knickwinkeln ist die Kraftübertragung nicht mehr gleichmäßig.

Kraftübertragung per Kreuzgelenk

Das Kreuzgelenk ist eine Art Vorläufer für das homokinetische Gelenk.

Quelle: Catsquisher, Public domain, via Wikimedia Commons

1926 entwickeln dann Jean-Albert Grégoire und Pierre Fenaille ein Wellengelenk mit winkelfehlerfreiem Antrieb – das erste homokinetische Gelenk mit einer Art von Gabel innerhalb der Verbindung. Es wird bei den ersten Serien-Pkws mit Frontantrieb der Marke Tracta eingesetzt. Bis heute sprechen manche Experten deshalb auch vom „Tracta-Gelenk“, wenn von bestimmten homokinetischen Gelenken die Rede ist.

Zwei Jahre später entsteht bei Ford die bis heute zumeist genutzte Form inklusive Kugelgelenk.

3. Wie empfindlich ist das Ganze?

Es liegt fast auf der Hand: Die kleinteilige Konstruktion mit Nuten und Kugeln darf nicht verschmutzen. Deshalb ist die gesamte Technologie in der Regel von einer Achsmanschette aus Gummi umgeben, die gut an der Innenseite des Rads zu sehen ist. Im Übrigen wird das Ganze per Fettpackung geschmiert.

Komponenten des homokinetischen Gelenks

Die Komponenten des homokinetischen Gelenks im Überblick: Kugeln, Käfig, Kugelführungen, Achszapfen und Co.

4. Sind Wartungen nötig?

Vielleicht ist das der überraschendste Fakt bei diesem Thema: Trotz der kleinteiligen Konstruktion muss man die Gelenke in der Regel nicht warten. Experten in Pkw-Werkstätten überprüfen eher, ob die äußere Manschette Risse aufweist. Darüber hinaus hält das Schmierfett nicht ewig. Man kann es aber je nach Zustand des Gelenks auch von außen neu „hereindrücken“.

5. Und was bedeutet das alles für die industrielle Produktion?

Das Zusammenspiel von Kugelnut (als eine Art von Laufbahn) und Kugel ist physikalisch komplex. Hier wirken Kräfte in alle Richtungen und die Bahn muss deshalb auf wenige Mü genau gefertigt werden. Gleiches gilt für Achszapfen und Gelenkkäfig.

Sie möchten wissen, welche Lösungen dabei zum Einsatz kommen? Hier sehen Sie, wie homokinetische Gelenke auf EMAG Maschinen bearbeitet werden können.

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