Ein Gespräch mit Peter Gröner, Produktmanager Business Unit Drehen bei EMAG, über die neue CNC Drehmaschine MSC 5 DUO und ihre Antworten auf aktuelle Herausforderungen in der zerspanenden Fertigung.
Herr Gröner, die neue MSC 5 DUO wird auf der EMO 2025 in Hannover im September offiziell das erste Mal präsentiert. Welche konkreten Marktanforderungen haben zur Entwicklung dieser Maschine geführt?
Die Anforderungen unserer Kunden haben sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Wir sehen insbesondere im Bereich der Weichbearbeitung einen zunehmenden Kostendruck. Gleichzeitig werden Fachkräfte knapper und die Energiekosten steigen. Diese Kombination erfordert Maschinen, die mit weniger Personal mehr Output generieren und dabei energieeffizienter arbeiten. Die MSC 5 DUO adressiert genau diese Punkte. Sie ist eine zweispindlige Frontlader-Drehmaschine, die eine hohe Produktivität mit niedrigen Investitionskosten verbindet. Das Konzept basiert auf unserer langjährigen Erfahrung mit der MSC-Serie, deren erste Maschine bereits 1982 auf den Markt kam.

MSC 5 DUO von EMAG mit kompakter Bauweise und integriertem Stacker-System für eine autonome/mannarme Fertigung.
Die MSC 5 DUO ist Teil der EMAG Classic Serie. Was zeichnet diese Produktlinie aus und wie unterscheidet sie sich von den anderen Maschinenreihen bei EMAG?
Die Classic Serie steht für optimierte Grundmaschinen zu attraktiven Investitionskosten. Wir bieten hier bewährte EMAG Technologien mit klarem Fokus auf bestimmte Bearbeitungsaufgaben – im Fall der MSC 5 DUO speziell auf das hochproduktive Weichdrehen. Während unsere modularen (Modular Serie) und kundenspezifischen Maschinen (Customized Serie) einen größeren Optionsumfang und Anpassungsmöglichkeiten bieten, konzentrieren wir uns bei den Classic Maschinen auf das absolut notwendige. Damit erhalten unsere Kunden genau die Funktionalität, die sie für ihre Anwendung benötigen, ohne für Features zu zahlen, die sie möglicherweise nicht nutzen. Ein Beispiel: Die MSC 5 DUO kostet pro Spindel deutlich weniger als vergleichbare Modelle unserer höheren Produktlinien, bietet aber für Standardanwendungen im Weichdrehen die gleiche Produktivität.
Kommen wir zu den technischen Details. Welche konstruktiven Merkmale der MSC 5 DUO tragen besonders zur Produktivitätssteigerung bei?
Die Basis bildet die Split-Bed-Bauweise, bei der die Arbeitsräume der beiden Spindeln mechanisch voneinander entkoppelt sind. Das verhindert die Übertragung von Schwingungen bei der Simultanbearbeitung und sorgt für eine gleichbleibende Maßgenauigkeit an beiden Spindeln. Die Hauptspindeln sind mit einer maximalen Drehzahl von 4.500 U/min ausgelegt und bieten eine Leistung von 5,5 kW im Dauerbetrieb bzw. 7,5 kW für bis zu 30 Minuten. Optional ist eine leistungsgesteigerte Variante mit 7,5 kW (Dauerbetrieb) und 11 kW (30 min) erhältlich. Besonders wichtig für die Bearbeitungsqualität: Wir haben ein konstantes Drehmoment im Drehzahlbereich von 1.125 bis 4.500 U/min realisiert, was bei unterschiedlichen Materialien und Bearbeitungsaufgaben eine gleichbleibende Zerspanungsleistung sicherstellt.

Arbeitsraum der MSC 5 DUO mit zwei A2-5 Hauptspindeln (4.500 U/min) und BMT-Werkzeugrevolversystemen. Die Split-Bed-Bauweise verhindert Schwingungsübertragung zwischen den Spindeln.
Ein weiterer zentraler Produktivitätsfaktor ist der servogesteuerte Werkzeugrevolver. Standardmäßig bietet er acht Positionen, optional sind auch zwölf Positionen möglich. Die BMT-Schnittstelle erlaubt die Aufnahme von Bohrstangen bis 40 mm Durchmesser für die Innenbearbeitung und von Werkzeugen mit einem Schaft von 25 x 25 mm für die Außenbearbeitung. Die servogesteuerte Indexierung in Kombination mit der hydraulischen Klemmung ermöglicht kurze Werkzeugwechselzeiten bei gleichzeitig hoher Positioniergenauigkeit.
Gerade bei Serienfertigung unter Kostendruck spielen Nebenzeiten eine entscheidende Rolle. Wie adressiert die MSC 5 DUO diesen Aspekt?
Ein Schlüsselelement ist unser vollständig in die Maschinensteuerung integriertes 3-Achs-Gantry-Ladesystem. Es übernimmt die automatische Be- und Entladung der Werkstücke und zeichnet sich durch schnelle Lade-/Entladezeiten aus. Ein Teilewender ermöglicht zudem die komplette Bearbeitung der Werkstücke von zwei Seiten innerhalb einer Maschine, was den Materialfluss erheblich vereinfacht. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist unser kompaktes Stapel-Lagersystem, das direkt in die Maschine integriert ist. Dieses Stacker-System für Roh- und Fertigteile benötigt keinen zusätzlichen Platz und lässt sich flexibel an unterschiedliche Werkstückgeometrien anpassen. Je nach Werkstückgröße können ausreichend Teile für mehrere Stunden autonome Produktion bevorratet werden, was besonders in der mannarmen Fertigung wichtig ist.

Servomotorisches 3-Achs-Gantry-Ladesystem beim Beladen der Spindel
Wie unterstützt die Steuerungstechnik den Bediener bei der effizienten Nutzung der Maschine?
MSC 5 DUO ist mit einer FANUC 0i-TF Plus Steuerung ausgestattet. Diese ist speziell auf Drehanwendungen zugeschnitten und bietet ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis. Sie kann bis zu 15 Achsen in einem Einkanalsystem und 18 Achsen in einem Zweikanalsystem steuern, was gerade für unsere Doppelspindelmaschine wichtig ist. Ein zentraler Vorteil für den Anwender: Die Steuerung erlaubt die parallele Programmierung während der laufenden Bearbeitung. Das bedeutet, der Bediener kann bereits das nächste Programm vorbereiten, während die Maschine produziert. Zudem bietet die Steuerung umfangreiche Möglichkeiten zur Prozessüberwachung.
Spanabfuhr und Kühlmittelmanagement sind oft unterschätzte Faktoren für die Prozessstabilität. Welche Lösungen bietet die MSC 5 DUO in diesem Bereich?
Das Kühlschmierstoffmanagement wurde gezielt auf die Anforderungen der Serienfertigung ausgelegt. Mehrere, präzise ausgerichtete Kühlmitteldüsen sorgen für eine effektive Kühlung im Schnittbereich. Die optimierte Spülwirkung gewährleistet eine zuverlässige Spanabfuhr auch bei schwierigen Materialien wie langspanenden Werkstoffen. Dies hat mehrere direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit: Erstens führen die bessere Kühlung und Schmierung zu längeren Werkzeugstandzeiten, was die Werkzeugkosten senkt. Zweitens erreichen wir höhere Oberflächenqualitäten, was nachfolgende Bearbeitungsschritte vereinfachen oder sogar eliminieren kann. Und drittens – besonders wichtig für die autonome Fertigung – reduziert die zuverlässige Spanabfuhr das Risiko von Maschinenstillständen durch Spanprobleme erheblich.
Wartungsfreundlichkeit und Servicezugänglichkeit sind wichtige Aspekte für die Gesamtbetriebskosten. Wie hat EMAG diese Themen bei der MSC 5 DUO gelöst?
Bei der Konstruktion haben wir großen Wert auf eine einfache Wartung gelegt. Alle relevanten Servicekomponenten sind gut zugänglich angeordnet. Der Werkzeugwechsel erfolgt ergonomisch von vorne, was die Rüstzeiten minimiert und die Arbeit für das Bedienpersonal erleichtert. Die übersichtliche Störungsdiagnose der Steuerung ermöglicht eine schnelle Fehlersuche, falls doch einmal ein Problem auftritt. Durch diese Maßnahmen werden die Stillstandzeiten für Wartungsarbeiten auf ein Minimum reduziert, was die Maschinenverfügbarkeit erhöht und damit die Produktivität steigert. Nicht zu unterschätzen ist auch der Aspekt des weltweiten Service. Als Kunde der MSC 5 DUO hat man vollen Zugang zum weltweiten EMAG Servicenetz – ein wichtiger Faktor gerade bei Maschinen, die in der Serienfertigung eingesetzt werden, wo jeder Ausfalltag hohe Kosten verursacht.

Das in die MSC 5 DUO integrierte Stapel-Lagersystem für Roh- und Fertigteile ermöglicht stundenlange autonome Produktion ohne Bedienereingriffe.
Abschließend ein Blick in die Zukunft: Wie positioniert sich die MSC 5 DUO im Kontext der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung von Produktionsanlagen?
Die MSC 5 DUO ist für die Integration in digitale Fertigungsumgebungen ausgelegt. Über standardisierte Schnittstellen lässt sie sich problemlos an MES- und ERP-Systeme anbinden. Die Maschine unterstützt die Erfassung von Produktions- und Maschinendaten, die für Analysen und zur Optimierung der Fertigungsprozesse genutzt werden können. Mit Blick auf die Zukunft sehen wir diese Maschine als elementaren Baustein in automatisierten Fertigungslinien, in denen mehrere Maschinen zu einer Prozesskette verknüpft werden. Das Konzept der MSC 5 DUO mit ihrem integrierten Automatisierungssystem passt perfekt in dieses Bild. Wichtig ist uns dabei, dass wir keine Komplexität um der Komplexität willen schaffen. Die MSC 5 DUO bietet genau die technischen Funktionen, die unsere Kunden für ihre spezifischen Fertigungsaufgaben benötigen – nicht mehr und nicht weniger. Diese Fokussierung auf das Wesentliche halten wir für einen entscheidenden Faktor, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.
Herr Gröner, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch und die detaillierten Einblicke in die MSC 5 DUO.
Peter Gröner ist Produktmanager der Business Unit Drehen bei EMAG. Mit seiner langjährigen Erfahrung in der Entwicklung und Markteinführung von CNC-Drehmaschinen war er maßgeblich an der Konzeption der neuen MSC 5 DUO beteiligt. Sein Fokus liegt auf der Optimierung von Fertigungsprozessen unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit und Ressourceneffizienz.