Wie leicht werden die Nutzfahrzeuge der Zukunft?

by Markus Isgro
Nutzfahrzeug-Leichtbau

Leichtbau im Nutzfahrzeugbereich? Viele Jahre lang war diese Frage für Lkw-Entwickler weniger interessant. In ihrem Fokus stand eher die Stabilität der Fahrzeuge, die mitunter jahrzehntelang ihren Dienst verrichten müssen. Das ändert sich jetzt – auch und gerade angesichts der Diskussionen um die CO2-Emmissionen im Verkehrssektor.

Bewegung im Nutzfahrzeug-Markt

In den Nutzfahrzeug-Markt kommt Bewegung – sowohl mit Blick auf die prognostizierten Stückzahlen als auch auf die technologischen Herausforderungen, wobei diese beiden Faktoren sich gegenseitig beeinflussen. So urteilt zum Beispiel der aktuelle „ITF Transport Outlook“ der OECD, dass sich der weltweite Güterverkehr bis zum Jahr 2050 verdreifacht und somit die CO2-Emmissionen um 160 Prozent ansteigen könnten. Mit Blick auf die damit einhergehenden technischen Herausforderungen urteilen die Autoren, dass es nötig sei, eine „unnötige Verkehrsnachfrage“ zu vermeiden und zugleich die Effizienz der Fahrzeuge zu verbessern. Viele Experten gehen deshalb davon aus, dass es zukünftig zu strikteren politischen Vorgaben bei den CO2-Emissionen auf dem Lkw-Markt kommt. Somit rücken effizientere konventionelle Antriebe sowie alternative Kraftstoffe und Antriebssysteme in den Fokus.

Aerodynamik und Leichtbau

Grundsätzlich gibt es zwei technische Faktoren, die erheblichen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch eines Lkw haben: seine Aerodynamik und sein Gewicht. Ersteres ist seit geraumer Zeit im Fokus der Nutzfahrzeugbauer. Sie entwickeln besonders aerodynamische Lkw-Modelle inklusive futuristisch anmutenden Verkleidungen, mit denen der Luftwiderstand erheblich absinkt. Ein immer wichtiger werdendes Forschungsfeld im Nutzfahrzeugbereich ist aber auch der allgemeine Leichtbau. Interessanterweise können verhältnismäßig kleine Einsparungen an einer einzelnen Komponente eine erhebliche Wirkung haben, weil viele Fahrzeuge über 150.000 Kilometer pro Jahr zurücklegen und sich so jedes unnötige Kilogramm zu einem merklichen Mehrverbrauch potenziert. Vor diesem Hintergrund ist es umso beeindruckender, dass Ingenieurinnen und Ingenieure der Göttinger Fakultät Naturwissenschaften und Technik der HAWK Hochschule aktuell einen Weg aufgezeigt haben, wie man das Gewicht eines Nutzfahrzeug-Fahrwerks sogar um ganze 40 Kilogramm verringern kann!

99 Kilo Einsparpotential bei leichten Nutzfahrzeugen

Zumindest für leichtere Nutzfahrzeuge liegen schon ganzheitliche wissenschaftliche Untersuchungen zum Einsparpotential vor. So ermittelte die „Initiative Massiver Leichtbau“, hinter der unter anderem der Industrieverband Massivumformung e. V. (IMU) und das Stahlinstitut VDEh steht, dass sich bei leichteren Nutzfahrzeugen immerhin 99 Kilogramm Fahrzeuggewicht durch einen gezielten Leichtbau einsparen lassen. Alternative Werkstoffe, Leichtbauschmiedeauslegung und Leichtbaukonzepte kommen dafür zusammen. „Bei Anwendung der besten Leichtbauideen würde sich das Gewicht von Antriebsstrang und Fahrwerk in diesem Fahrzeug um 11,7 Prozent reduzieren“, so der Abschlussbericht.

Antriebsstrang im Fokus

Zu guter Letzt ist das Thema aber auch mit Blick auf die Kosteneffizienz in der Produktion interessant. Schließlich ist jeder Leichtbau gleichbedeutend mit Materialeinsparungen am Bauteil – und das spart bares Geld. In der Vergangenheit haben die Produzenten dabei vor allem nach Ideen für leichtere Auf- und Einbauten oder leichtere Fahrzeugkabinen gesucht. Der Grund: Lkws sind nicht selten über 20 Jahre im Einsatz. Folglich sind die Bauteile im Antriebsstrang extremen Dauerbelastungen ausgesetzt und es kommen traditionell widerstandsfähige (und schwere) Stahl-, Aluminium- und Gusswerkstoffe zum Einsatz. Im Umkehrschluss erschien also beispielsweise die „Leichtbaukabine“ als ein Konzept, das sich einfacher als ein „Leichtbauantriebsstrang“ umsetzen ließe. In jüngster Zeit rückt aber auch der Antriebsstrang in den Fokus, wie ein aktuelles EMAG Beispiel deutlich macht. So haben die Spezialisten von EMAG LaserTec ein Produktionssystem entwickelt, mit dem insgesamt drei Einzelbauteile eines Lkw-Differentials miteinander verschweißt werden. Es entfällt das Gewicht von rund 40 Schraubverbindungen. Leichtbau im Nutzfahrzeugbereich? Ist schwer im Kommen!

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