Stellen Sie sich vor, Ihre alte Werkzeugmaschine kann plötzlich mehr als je zuvor – und das bei geringerem Energieverbrauch. Was wie ein Traum klingt, ist mit den Retrofit-Lösungen von EMAG Wirklichkeit geworden. Im Interview erklärt Markus Heidel, Leiter der Business Unit Retrofit bei EMAG, wie aus gebrauchten Maschinen echte Tempomacher werden und warum dieses Konzept die Zukunft des Maschinenbaus prägen wird.

Markus Heidel, Leiter Bussines Unit Retrofit bei EMAG
Herr Heidel, EMAG bietet Retrofit-Lösungen an. Können Sie uns erklären, was genau sich hinter diesem Begriff verbirgt?
Natürlich. Retrofit bedeutet wörtlich übersetzt „nachrüsten“. Bei EMAG verstehen wir darunter einen umfassenden Prozess, bei dem wir gebrauchte Maschinen modernisieren und auf den neuesten Stand der Technik bringen. Das Ziel ist es, unseren Kunden die Möglichkeit zu geben, ihre Produktion mit niedrigen Investitionskosten zu modernisieren und gleichzeitig nachhaltig zu handeln.
Das klingt interessant. Was macht EMAG Maschinen besonders geeignet für solche Retrofits?
Ein entscheidender Faktor ist unser Maschinenbett aus dem Polymerbeton Mineralit. Dieser Werkstoff hat außergewöhnliche Eigenschaften: Er besitzt ein 8-fach besseres Schwingungsverhalten als Grauguss und wird mit den Jahren sogar noch besser – er „setzt sich“ sozusagen. Das bildet eine ideale und langlebige Basis für unsere Umbauten. Der robuste Grundkörper kann nach einem Maschinen-Umbau problemlos lange Zeit weiterverwendet werden.
Können Sie ein konkretes Beispiel für ein Retrofit-Projekt nennen?
Gerne. Ein aktuelles Beispiel ist der Umbau einer rund zehn Jahre alten Drehmaschine VSC 250 in ein Dreh-Schleif-Zentrum. Dafür haben wir den Spindelkasten für die Kombinationsbearbeitung angepasst und alle Verschleißteile wie Linearführungen, Vorschubantriebe, Hydraulik-Elemente und Pneumatik-Schläuche ausgetauscht. Das Ergebnis ist eine Maschine, die flexibler einsetzbar ist und die Bearbeitungszeiten deutlich reduziert.

Das Vorher-Nachher-Bild zeigt links eine alte, abgenutzte Drehmaschine und rechts die gleiche Maschine nach dem Retrofit wie neu mit moderner Steuerung.
Das klingt nach einer erheblichen Verbesserung. Welche Vorteile bietet ein solches Retrofit gegenüber einer kompletten Neuanschaffung?
Der Hauptvorteil liegt definitiv in den Kosten. Eine umgebaute Maschine ist etwa 15 bis 30 Prozent günstiger als eine vergleichbare Neuanschaffung. Gleichzeitig bietet sie die Leistungsfähigkeit einer neuen Maschine. Zudem ist es oft möglich, zusätzliche Technologien zu integrieren, was die Flexibilität erhöht. In manchen Fällen können wir sogar den Energieverbrauch im Vergleich zur alten Maschine reduzieren.
Wie gehen Sie bei einem typischen Retrofit-Projekt vor?
Unser Vorgehen ist sehr strukturiert. Wir beginnen mit einer gründlichen Bestandsaufnahme und erstellen darauf basierend ein detailliertes Konzept. Daraus folgt ein Komplettangebot für die Überarbeitung. Je nach Standort des Kunden führen wir die Arbeiten vor Ort oder in unserem Werk durch. Ein besonders wichtiger Schritt ist die gründliche Überarbeitung der Spindel-Baugruppe. Diese wird komplett zerlegt, gereinigt, alle Verschleißelemente werden ausgetauscht, sie wird neu vermessen und auf dem Prüfstand getestet.
In Zeiten von IoT und Klimawandel: Inwiefern berücksichtigen Sie Trends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit bei Ihren Retrofits?
Das sind in der Tat sehr wichtige Aspekte für uns. Was die Digitalisierung betrifft, bieten wir zum Beispiel die Integration unserer IoT-Technologie EDNA an. Diese lässt sich in modernere Bestandsmaschinen integrieren und informiert dann regelmäßig über den Zustand der Achsen und bestimmt die OEE, also die Gesamtanlageneffektivität.
In Sachen Nachhaltigkeit gehen wir sehr gezielt vor: Wir analysieren die vorhandene Produktionslösung, identifizieren unnötige „Energiefresser“ und implementieren sparsamere Prozesse. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass Medien und Antriebe der Maschine nach den Retrofit-Anpassungen automatisiert abgeschaltet werden, wenn kein Bearbeitungsprogramm läuft. Das spart erheblich Strom. Auch achten wir darauf, dass neue Maschinenkomponenten exakt zur Bearbeitungsaufgabe passen und nicht überdimensioniert sind, was ebenfalls den Energieverbrauch reduziert.
Das klingt nach einem umfassenden Ansatz. Was unterscheidet das EMAG Retrofit von Angeboten anderer Anbieter?
Der entscheidende Unterschied liegt in unserer Expertise als Originalhersteller. Wir kennen unsere Maschinen in- und auswendig – die Konstruktion, alle Komponenten sowie Prozesse in jedem Detail. Das ermöglicht uns, schneller und mit passgenauerer Technologie zu arbeiten als jeder andere. Unsere Kunden erhalten dadurch Lösungen von höchster Qualität, die in ihrer Leistungsfähigkeit Neumaschinen entsprechen. Dieser Anspruch setzt sich im Markt durch.

Umbau einer Karstens Rundschleifmaschine aus den 1980er-Jahren in eine modernisierte Version, die heute als EMAG Weiss W 11 bezeichnet wird. Die ursprünglich manuell bediente Maschine wurde mit modernen Technologien wie servoelektrischen Z- und X-Achsen sowie einer CNC-Steuerung mit einem robusten, industrietauglichen Bedienpult ausgestattet.
Eine letzte Frage: Wie sehen Sie die Zukunft des Retrofits in der Fertigungsindustrie?
Ich bin überzeugt, dass Retrofit eine immer wichtigere Rolle spielen wird. Angesichts steigender Rohstoffpreise und des wachsenden Bewusstseins für Nachhaltigkeit bietet Retrofit eine hervorragende Möglichkeit, Ressourcen zu schonen und gleichzeitig wirtschaftlich zu produzieren. Zudem ermöglicht es Unternehmen, flexibel auf sich verändernde Marktanforderungen zu reagieren, ohne ständig in komplett neue Maschinen investieren zu müssen.
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